Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention beschreibt das Recht behinderter Menschen auf den Genuss des erreichbaren Höchstmaßes an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung.
Diese Regelungen wiederholen und bekräftigen die bereits für Jedermann aufgestellten Regelungen des Artikels 12 des UN-Sozialpakts, des Artikels 24 der UN-Kinderrechtskonvention und des Artikels 12 der UN-Frauenrechtskonvention.
Im Rahmen dieser Gesundheitssorge ist durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten, dass behinderten Menschen Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, haben.
In den Buchstaben a bis f zählt Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention beispielhaft einige zu treffende Maßnahmen auf. Hiernach ist eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung wie anderen Menschen auch zur Verfügung zu stellen, einschließlich sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und aller der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens.
Weiterhin sind Gesundheitsleistungen anzubieten, die von behinderten Menschen speziell wegen ihrer Behinderung benötigt werden, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen.
Die Gesundheitsleistungen sollen so gemeindenah wie möglich angeboten werden, auch in ländlichen Gebieten.
Angehörige der Gesundheitsberufe sollen – auf der Grundlage der freien und informierten Einwilligung – behinderten Menschen eine Versorgung von gleicher Qualität wie anderen Menschen angedeihen lassen.
Gleichzeitig verbietet die UN-Behindertenrechtskonvention in Artikel 25 die Diskriminierung behinderter Menschen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung. Sie verbieten weiterhin die diskriminierende Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung oder Gesundheitsleistungen sowie von Nahrungsmitteln und Flüssigkeiten aufgrund der Behinderung.
Artikel 25 – Gesundheit
Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, haben. Insbesondere
- stellen die Vertragsparteien Menschen mit Behinderungen eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung wie anderen Menschen, einschließlich sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens;
- bieten die Vertragsstaaten die Gesundheitsleistungen an, die von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer Behinderungen benötigt werden, soweit angebracht, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen;
- bieten die Vertragsstaaten diese Gesundheitsleistungen so gemeindenahwie möglich an, auch in ländlichen Gebieten;
- erlegen die Vertragsstaaten den Angehörigen der Gesundheitsberufe die Verpflichtung auf, Menschen mit Behinderungen eine Versorgung von gleicher Qualität wie anderen Menschen angedeihen zu lassen, namentlich auf der Grundlage der freien Einwilligung nach vorheriger Aufklärung, indem sie unter anderem durch Schulungen und den Erlass ethischer Normen für die staatliche und private Gesundheitsversorgung das Bewusstsein für die Menschenrechte, die Würde, die Autonomie und die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen schärfen;
- verbieten die Vertragsstaaten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung, soweit eine solche Versicherung nach innerstaatlichem Recht zulässig ist; solche Versicherungen sind zu fairen und angemessenen Bedingungen anzubieten;
- verhindern die Vertragsstaaten die diskriminierende Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung oder -leistungen oder von Nahrungsmitteln und Flüssigkeiten aufgrund von Behinderung.
In der Bundesrepublik Deutschland liegt die soziale und gesundheitliche Sicherung in der gemeinsamen Verantwortung einer Vielzahl von Beteiligten. Dazu zählen neben dem Bund und den Bundesländern insbesondere die gesetzliche Krankenversicherung, die soziale Pflegeversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung sowie die private Kranken- bzw. Pflegeversicherung.
Die rechtlichen Grundlagen für den Zugang zu den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherungen und ihren Leistungen finden sich in den jeweiligen Büchern des Sozialgesetzbuches.
Mit Blick auf den Zugang zu einer privaten Krankenversicherung bestimmt § 19 AGG, dass eine Benachteiligung aus Gründen einer Behinderung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, unzulässig ist. Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ist im Falle des § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG nur zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen.
Seit dem 1. Januar 2009 haben behinderte Menschen, die dem Personenkreis der privat Krankenversicherten zuzurechnen sind, die Möglichkeit, sich in der privaten Krankenversicherung im sog. Basistarif zu versichern. Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge sind in diesem Tarif nicht zulässig. Die Leistungen müssen in Art, Umfang und Höhe mit jenen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein.
Die gesetzliche Krankenversicherung nimmt in Deutschland eine entscheidende Rolle im System der gesundheitlichen Sicherung ein. Sie stellt allen Versicherten umfassend Sachleistungen zur Krankenbehandlung zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Für behinderte Menschen gilt dies gleichermaßen.
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch enthält in § 2a SGB V eine eigenständige Regelung, die ausschließlich die Belange behinderter und chronisch kranker Menschen in den Mittelpunkt stellt. Diese Regelung des § 2a SGB V beinhaltet, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Es gilt, die Belange chronisch kranker und behinderter Menschen im Sinne von mehr Teilhabe zu berücksichtigen, ihnen Selbstbestimmung zu ermöglichen und durch Behinderungen bzw. chronische Krankheit bedingte Nachteile auszugleichen. Diese Regelung ist wegweisend für das gesamte SGB V und entspricht dem im Grundgesetz in Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestimmten Benachteiligungsverbot behinderter Menschen.
Nach dem SGB V haben Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf die erforderlichen Leistungen, insbesondere zur medizinischen Rehabilitation, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Die Früherkennungsangebote der gesetzlichen Krankenkassen richten sich auch an Menschen mit Behinderungen.
Hierzu gehören die Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder. Diese umfassen die ärztliche Behandlung und Heilmittel sowie nichtärztliche sozialpädiatrische, psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen zur Frühdiagnostik und Behandlungsplanung. Zur Früherkennung und Frühförderung zählen daneben auch heilpädagogische Leistungen.
Diese Leistungen werden nicht von der Krankenkasse, sondern von den Trägern der Sozial- und Jugendhilfe erbracht. Die individuell erforderlichen Leistungen werden in Zusammenarbeit mit den Eltern in einem interdisziplinär entwickelten Förder- und Behandlungsplan zusammengestellt. Auf dieser Grundlage erbringen die Träger der Krankenversicherung und die Träger der Sozial- bzw. Jugendhilfe die Leistungen zuständigkeitsübergreifend als Komplexleistung. Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung werden von interdisziplinären Frühförderstellen und sozialpädiatrischen Zentren ausgeführt. Die Leistungen erfolgen in ambulanter, einschließlich mobiler Form.
Eine gemeindenahe ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung, auch in ländlichen Gebieten, soll durch die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§§ 99 ff. SGB V) und die auf ihrer Grundlage erlassenen Bedarfsplanungs-Richtlinien erreicht werden. Es sind zudem weitere Maßnahmen in Kraft getreten, die darauf ausgerichtet sind, die ärztliche und zahnärztliche Versorgung in der Fläche zu erhalten und zu verbessern.
Pflegebedürftige Menschen, zu denen viele Menschen mit Behinderungen zählen, haben einen Anspruch auf gute Pflege. Das in § 2 SGB XI verankerte Leitbild der Pflegeversicherung ist eine menschenwürdige Pflege, die ein möglichst selbständiges Leben zum Ziel hat und dadurch auch mit dazu beiträgt, eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Mit der am 1. Januar 1995 eingeführten Pflegeversicherung ist die soziale Absicherung von Pflegebedürftigen umfassend verbessert und auf eine neue Grundlage gestellt worden. Mit der Pflegeversicherung wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit vergleichbar den Versicherungen gegen Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit sowie zur Sicherung des Alterseinkommens sozial abgesichert. Die Pflegeversicherung soll dazu beitragen, die aus der Pflegebedürftigkeit entstehenden physischen, psychischen und finanziellen Belastungen für jeden Versicherten – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Einkommen – zu mildern.